Die verschiedenen Arten der Scheidung
Um zu verstehen, auf welche Punkte Sie bei einer Scheidung mit Kind besonders achten sollten, erläutern wir zunächst die verschiedenen Arten der Scheidung. Diese unterscheiden sich danach, ob Sie sich mit Ihrer Ehegattin/Ihrem Ehegatten über die Scheidung und die Scheidungsfolgen bereits einig sind oder nicht.
Scheidung auf gemeinsames Begehren
Die Eheleute können gemeinsam die Scheidung verlangen. In diesem Fall handelt es sich um eine Scheidung auf gemeinsames Begehren (auch einvernehmliche Scheidung genannt). Dazu erforderlich ist lediglich ein gemeinsamer Scheidungswille des Ehepaars. Das Ehepaar kann einerseits eine umfassende Einigung erzielt haben. Bei einer umfassenden Einigung reichen die Eheleute dem Gericht eine vollständige Vereinbarung über die Scheidungsfolgen ein (Scheidungskonvention). Andererseits kann es sich aber auch um eine blosse Teileinigung handeln. Das heisst, dass sich das Ehepaar hinsichtlich der Scheidung an sich einig ist, nicht aber in Bezug auf einzelne oder sämtliche Scheidungsfolgen. In diesem Fall beurteilt das Gericht nur diejenigen Scheidungsfolgen, über die sich die Eheleute nicht geeinigt haben.
Gut zu wissen
Wenn die Eheleute gemeinsam die Scheidung verlangen, spricht man von einer Scheidung auf gemeinsames Begehren. Möglich ist eine umfassende oder eine Teileinigung der Eheleute.
Scheidung auf Klage einer Ehegattin/eines Ehegatten
Eine Scheidung auf Klage einer Ehegattin/eines Ehegatten (auch strittige Scheidung genannt) ist grundsätzlich nur möglich, wenn das Ehepaar vor Einreichung der Klage mindestens zwei Jahre getrennt gelebt hat. Ausnahmsweise kann eine Ehegattin/ein Ehegatte eine Scheidung vor Ablauf der zweijährigen Frist verlangen, wenn ihr oder ihm die Fortsetzung der Ehe nicht zumutbar ist. Das Gericht nimmt stets eine Einzelfallbetrachtung vor. Einige Fallbeispiele, in denen die Unzumutbarkeit bejaht wurde, sind Fälle körperlicher Misshandlung, schwerer Ehrverletzung oder eines “unehrenhaften Lebenswandels”. Es ist aber wichtig zu betonen, dass dieser Scheidungsgrund lediglich einen Ausnahmefall darstellt.
Gut zu wissen
Eine Scheidung auf Klage der Ehefrau oder des Ehemannes ist möglich, wenn das Ehepaar vor Einreichung der Scheidungsklage mindestens zwei Jahre getrennt gelebt hat. Eine Ausnahme ist nur möglich, wenn die Fortsetzung der Ehe unzumutbar ist.
Ist eine Scheidung auf gemeinsames Begehren sinnvoll?
Ja, eine Scheidung auf gemeinsames Begehren ist grundsätzlich immer sinnvoll. Zum einen ist das Verfahren kürzer und somit auch kostengünstiger. Zum anderen schont die einvernehmliche Scheidung das Kind sowie die Eheleute vor möglichen Streitigkeiten und einer emotionalen Belastung während der zweijährigen Trennungsfrist.
Scheidungsfolgen bei einer Scheidung mit Kind
Wie in der Einleitung schon erwähnt, bringt eine Scheidung mit Kind eine Vielzahl von rechtlichen Auswirkungen hinsichtlich des Kindes mit sich. Dabei ist wichtig zu erwähnen, dass das Gericht das Kindeswohl bzw. die Meinung des Kindes berücksichtigen muss. Dasselbe gilt für einen allfälligen gemeinsamen Antrag der Eltern hinsichtlich der Kinderbelange.
Gut zu wissen
Bei einer Scheidung mit Kind ist die Wahrung des Kindeswohls in allen Verfahrensschritten für das Gericht von zentraler Bedeutung.
Sorgerecht
Im schweizerischen Recht gilt der Grundsatz des gemeinsamen Sorgerechts. Dieser Grundsatz gilt auch über die Ehescheidung hinaus. Das heisst, dass nach einer Scheidung mit Kind die geschiedenen Eheleute gemeinsam die Verantwortung über das Kind haben. Somit hat die Scheidung grundsätzlich keinen Einfluss auf das gemeinsame Sorgerecht der Eltern. Allerdings ist es möglich, das Sorgerecht ausnahmsweise bloss einem Elternteil zuzuteilen, wenn es das Kindeswohl erfordert. Dies wäre lediglich bei einem dauernden und schweren elterlichen Dauerkonflikt bzw. bei einer anhaltenden Kommunikationsunfähigkeit gegeben. Ansonsten bleibt das gemeinsame Sorgerecht der Regelfall. Das Sorgerecht darf aber nicht mit der Obhut verwechselt werden, die wir im nächsten Abschnitt erläutern.
Gut zu wissen
Grundsätzlich behalten die Eltern nach einer Scheidung mit Kind das gemeinsame Sorgerecht über das Kind.
Obhut
Die Obhut ist die faktische Betreuung des Kindes im Alltag. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts erhält derjenige Elternteil die Obhut über das Kind, der es am besten erziehen kann. Falls beide Eltern erziehungsfähig sind (was der Regelfall ist), ist bei einer Scheidung mit Kind entscheidend, welchem Elternteil es möglich und zumutbar ist, sich persönlich um das Kind zu kümmern. Der Regelfall geht inzwischen dahin, die Obhut des Kindes sowohl der Mutter als auch dem Vater zuzuteilen (alternierende Obhut). In einem solchen Fall ist eine Regelung der Betreuungsanteile nötig. Dadurch wird bestimmt, in welchem Umfang jeder Elternteil das Kind bei sich hat und betreut. Derjenige Elternteil, dem nicht die Obhut oder das Sorgerecht über das Kind zusteht, hat das Recht, das Kind in regelmässigen Abständen zu besuchen (Besuchsrecht). Wichtig ist an dieser Stelle, dass Kindesunterhalt unabhängig vom «Erfolg» des Besuchsrechts zu zahlen ist.
Gut zu wissen
Die Betreuung des Kindes im Alltag wird im Regelfall in Form der sogenannten alternierenden Obhut ausgestaltet. Das bedeutet, dass beide Elternteile das Kind abwechselnd betreuen.
Unterhalt
Kindesunterhalt
Ein weiterer Aspekt der Scheidung mit Kindern ist der Kindesunterhalt. Man spricht dabei auch von Alimenten. Vom Kindesunterhalt unterscheiden müssen wir den nacheheliche Unterhalt, der einer Ehegattin/einem Ehegatten unter bestimmten Voraussetzungen nach erfolgter Scheidung zusteht. Es gibt verschiedene Faktoren, welche die Höhe des Kindesunterhalts beeinflussen:
- Die individuellen Bedürfnisse des Kindes
- Die sogenannte Lebensstellung (Lebensführung) und Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Elternteils
- Das Vermögen und die Einkünfte des Kindes
In der Regel endet die Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber ihren Kindern mit deren Volljährigkeit. Die Unterhaltsbeiträge sind allerdings über die Volljährigkeit des Kindes hinaus geschuldet, wenn das Kind noch keine angemessene Ausbildung besitzt. Angemessen ist eine Ausbildung, die dem Kind ermöglicht, in das Erwerbsleben einzusteigen und für seinen Unterhalt selbst aufzukommen. Das Gericht entscheidet über die Höhe des Unterhalts. Es berücksichtigt die oben genannten Kriterien.
Gut zu wissen
Der Kindesunterhalt wird anhand verschiedener Faktoren festgesetzt und endet grundsätzlich mit Eintritt der Volljährigkeit des Kindes.
Ehegattenunterhalt
Zusätzlich bestimmt das Gericht die Höhe des nachehelichen Unterhalts an die Ehegattin/den Ehegatten. Der Ehegattenunterhalt basiert auf dem Prinzip der Eigenversorgung. Unterhaltsberechtigt ist eine Ehegattin/ein Ehegatte, wenn die betreffende Person nicht selbst für ihren gebührenden Unterhalt aufkommen kann. Massgebend sind die Leistungsfähigkeit beider Eheleute und der während der Ehe gelebte Standard.
Jahrelang galt zudem die sogenannte 45er-Regel: Es handelte sich dabei um die Alterslimite, ab der einer Ehegattin/einem Ehegatten der berufliche Wiedereinstieg nicht mehr zugemutet werden konnte, wenn die betreffende Person während der Ehe nicht arbeitstätig war. Seit einem neuen Entscheid des Bundesgerichts gilt diese Regel nun aber als veraltet.
Geschiedene Eheleute müssen daher alle zumutbaren Anstrengungen zur Wiederaufnahme einer beruflichen Tätigkeit unternehmen, um für den eigenen Unterhalt selber aufkommen zu können. Zudem haben die Betreuungspflichten der unterhaltsberechtigten Ehegattin/des unterhaltsberechtigten Ehegatten einen direkten Einfluss auf die Anspruchshöhe. Denn die Betreuung des Kindes wirkt sich auf die jeweilige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit aus. Nach dem Bundesgericht muss die erziehungsberechtigte Ehegattin/der erziehungsberechtigte Ehegatte bis zum vollendeten 6. Altersjahr des jüngsten Kindes grundsätzlich keiner Erwerbstätigkeit nachgehen. Danach ist bis zum vollendeten zwölften Altersjahr aber eine Erwerbstätigkeit im Umfang von 35% zumutbar. Bis zum 16. Altersjahr des Kindes muss die erziehungsberechtigte Ehegattin/der erziehungsberechtigte Ehegatte schliesslich einer Erwerbstätigkeit im Umfang von 55% nachgehen.
Gut zu wissen
Der Ehegattenunterhalt ist nur dann geschuldet, wenn die Ehegattin/der Ehegatte nicht selber für ihren Unterhalt aufkommen kann. Der Beurteilungsmassstab dafür hat sich kürzlich verschärft. Geschiedene Eheleute müssen alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen, um für ihren Unterhalt aufzukommen.
Anhörung der Kinder im Scheidungsverfahren
Bei einer Scheidung mit Kind ist während des ganzen Scheidungsverfahrens das Kindeswohl zu wahren. Das Gericht muss also alle für das Kindeswohl wichtigen Umstände beachten. Dies gilt bei der Zuteilung sowohl des Sorgerechts als auch der Obhut. Ein vom Kind geäusserter Wunsch bezüglich der Zuteilung der Obhut an einen Elternteil ist zu berücksichtigen. Aus diesem Grund wird das Kind in der Regel ab dem sechsten Altersjahr im Scheidungsverfahren angehört.
Gut zu wissen
Das Kind hat ein Recht auf Anhörung im Scheidungsverfahren. Kinder werden in der Regel ab dem sechsten Altersjahr im Scheidungsverfahren angehört.
Rechtsberatung erhalten
Bei einer Scheidung mit Kind müssen Sie zahlreiche Aspekte beachten, die das Verfahren komplex machen. Eine Scheidung stellt zusätzlich eine grosse emotionale Belastung für alle Beteiligten dar. Um eine bestmögliche Regelung der Scheidungsfolgen zu erzielen, ist es ratsam, eine Anwältin oder einen Anwalt mit Spezialisierung im Bereich Familien- bzw. Scheidungsrecht beizuziehen. Die Anwältinnen und Anwälte von Jurata informieren Sie umfassend über alle Verfahrensschritte und stehen Ihnen auch emotional unterstützend zur Seite. So können Sie Ihre Interessen und die Interessen Ihrer Kinder bestmöglich wahren.